Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug
Sachbezugsdefinition und die eingeschränkte Begünstigung von Gutschein und Geldkarten
Mit rund einjähriger Verspätung hat das BMF seinen Anwendungserlass zur Abgrenzung von Sachbezügen und Geldleistungen herausgegeben.
Grund für den Erlass sind gesetzliche Verschärfungen bei der Sachbezugsdefinition und die eingeschränkte Begünstigung von Gutschein und Geldkarten. Beides sollte eigentlich in vollem Umfang seit 2020 gelten, ist in der Praxis aber vor allem auf Unverständnis gestoßen.
Durch den neuen Verwaltungserlass werden erfreulicherweise nicht nur viele Zweifelsfragen geklärt, sondern es gibt auch eine teilweise Verschiebung der Verschärfungen auf das Jahr 2022. Eine solche Übergangsregelung hatte sich seit Ende letzten Jahres angedeutet, weil die Regierungsfraktionen im Bundestag eine Nichtbeanstandungsregelung eingefordert hatten, “um den Kartenanbietern Zeit zur Umstellung zu geben und die seit 2020 bestehende Rechtsunsicherheit zu beenden” (Bundestags-Druckssache 19/25160, S. 139).
Geldleistung oder Sachbezug
Die Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug ist insbesondere bei der Anwendung der Sachbezugsfreigrenze von aktuell 44 EUR von entscheidender Bedeutung, aber auch bei der Abgrenzung steuerfreier Aufmerksamkeiten bis zu 60 EUR bei persönlichen Ereignissen und bei der Anwendung der Pauschalsteuer nach § 37b EStG.
Rückblick und Auslöser der gesetzlichen Verschärfungen
Ob Barlohn oder Sachbezüge vorliegen, entschied sich vor 2020 allein danach, was der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber auf der Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen beanspruchen kann. Es kam nicht darauf an, auf welche Art und Weise der Arbeitgeber den Anspruch erfüllt und seinen Mitarbeitern den zugesagten Vorteil verschafft (BFH, Urteile v. 11.11.2010, VI R 21/09, VI R 27/09 und VI R 41/10). Die Finanzverwaltung war dieser Rechtsprechung gefolgt (H 8.1 Abs. 1-4 LStH).
Zuletzt hatte der BFH die Abgrenzung jedoch wieder strenger gefasst (Urteil v. 7.6.2018, VI R 13/16 und Urteil v. 4.7.2018, VI R 16/17). In beiden Fällen ging es um die Behandlung von Zusatzkrankenversicherungen. Entscheidet sich der Arbeitgeber dafür, seinen Mitarbeitern unmittelbar Versicherungsschutz zu gewähren, liegt nach Auffassung des BFH begünstigter Sachlohn vor. Anders ist es hingegen, wenn der Arbeitgeber einen Zuschuss zahlt unter der Bedingung, dass die Mitarbeiter eine eigene private Zusatzkrankenversicherung abschließen.
In der Urteilsbegründung hatte der BFH auch zwischen Gutscheinen und sog. Geldkarten differenziert. Solche Geldkarten, die in den letzten Jahren zunehmend Verbreitung gefunden haben, enthielten keine Leistungsverpflichtung und die Sachbezugseigenschaft sei zweifelhaft.
Gesetzliche Neuregelung
Durch die Rechtsprechung entstandene Unsicherheiten bei der Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug sollten eigentlich durch eine gesetzliche (Neu-)Regelung ab 2020 beseitigt werden. Sie hatte das Ziel, den Begriff der Geldleistung in Abgrenzung zum Begriff des Sachbezugs klar zu definieren, um damit mehr Rechtssicherheit zu schaffen.
Mit der gesetzlichen Definition (§ 8 Abs. 1 Satz 2 EStG) wird seitdem festgeschrieben, dass zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen sind. Das führt dazu, dass die Übergabe von Geld an den Arbeitnehmer, auch wenn dieses als zweckgebundene Leistung für einen Sachbezug hingegeben wird, steuerpflichtig ist. Ebenso sind nachträgliche Kostenerstattungen als Barlohn vom ersten Euro an steuerpflichtig.
Schädlich hinsichtlich der Anwendung der Sachbezugsfreigrenze ist es demnach beispielsweise, wenn der Arbeitgeber zweckgebundene Tankzuschüsse vergibt oder nachträglich Treibstoffkosten erstattet. Nicht mehr begünstigt sind regelmäßig auch durch den Arbeitgeber selbst erstellte Gutscheine, weil diese oftmals zu einer nachträglichen Kostenerstattung führen (zu einer Ausnahme siehe unten).
Die vorstehenden Verschärfungen gelten seit 2020. Eine Übergangsregelung dazu gewährt auch der Erlass nicht.
Weiterhin als Sachbezüge begünstigt sind nach dem Verwaltungserlass ausdrücklich:
- die Gewährung von Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherungsschutz bei Abschluss durch den Arbeitgeber,
- die Gewährung von Unfallversicherungsschutz, soweit bei Abschluss durch den Arbeitgeber der Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann,
- die Gewährung von Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstäglichen Zuschüssen zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken).
Sonderregelung für Gutscheine und bestimmte Geldkarten
Die gesetzliche Neuregelung erfasst auch sog. Geldsurrogate als schädlich. Damit könnten grundsätzlich auch Gutscheine gemeint sein. Gutscheine und Geldkarten sind jedoch ein flexibles Mittel der Sachzuwendung im Rahmen der 44-EUR-Freigrenze und gerade in der heutigen digitalen Zeit bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern weit verbreitet. Daher ist eine Ausnahmeregelung in das Gesetz aufgenommen worden (§ 8 Abs. 1 Satz 3 EStG).
Die Verschärfung gilt danach nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen. Was mit dem zweiten Teil der Definition gemeint ist, war lange unklar, der Erlass schafft nun Sicherheit bei der Abgrenzung begünstigter Gutscheine.
Kritisch hinsichtlich der Sachbezugseigenschaft sind insbesondere
- sogenannte Geldkarten, die im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können, sowie
- Gutscheine mit unbegrenzten Einlösungsmöglichkeiten.
Für Letztere gewährt der Verwaltungserlass jedoch eine Nichtbeanstandungsfrist bis Ende 2021. Bis dahin müssen die Gutscheine nicht die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen.
Geldersatzkarten ab 2020 schädlich
Begünstigt sind jedoch nur Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen! Kein Sachbezug sind hingegen Geldkarten, die als Geldersatz im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können. Als Geldleistung zu behandeln sind bereits ab 2020 insbesondere Gutscheine oder Geldkarten, die
- über eine Barauszahlungsfunktion (es wird nicht beanstandet, wenn verbleibende Restguthaben bis zu einem Euro ausgezahlt werden können) oder
- über eine eigene IBAN verfügen,
- die für Überweisungen (z.B. Paypal) oder
- für den Erwerb von Devisen (z.B. Pfund, US-Dollar, Franken) verwendet sowie
- als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können.
Geldleistungen sind ab dem ersten EUR steuerpflichtig, eine Anwendung u.a. der Sachbezugsfreigrenze scheidet aus. Schädlich sind auch sogenannte Prepaid-Geldkarten. Viele Anbieter haben aber inzwischen ihre Bedingungen entsprechend angepasst. Trotzdem kommt es natürlich immer auf den Einzelfall an. Eine Übergansregelung der Finanzverwaltung gibt es hier jedenfalls nicht.
Verschärfte Voraussetzungen für Gutscheine ab 2022
Solange Gutscheine und Geldkarten nur zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen, sind sie nach dem Erlass bis Ende 2021 uneingeschränkt und ohne weitere Voraussetzungen begünstigt. Ab 2022 müssen sie dann zusätzlich die Kriterien des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen. Danach sind drei verschiedene Kategorien erlaubt:
1. Limitierte Netze (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a ZAG):
Gutscheine und Geldkarten gehören zu den Sachbezügen, wenn sie unabhängig von einer Betragsangabe dazu berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins mit Sitz im Inland zu beziehen oder aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen.
Begünstigt sind demnach:
- Centergutscheine,
- Kundenkarten von Shopping-Malls und
- sogenannte “City-Cards”.
Begünstigt sind aber beispielsweise auch
- wiederaufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel;
- von einer bestimmten Tankstellenkette ausgegebene Tankkarten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Tankstellen mit einheitlichem Marktauftritt;
- Karten eines Online-Händlers, die nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette berechtigen. Diese Voraussetzung ist problematisch, weil inzwischen viele Onlinehändler auch Waren von Fremdanbietern über ihre Plattformen anbieten, für deren Kauf die Gutscheine je nach den Bedingungen im Einzelfall ebenfalls einlösbar sind.
Ausnahmsweise zulässig ist auch ein vom Arbeitgeber selbst ausgestellter Gutschein, wenn die Akzeptanzstellen (z.B. Tankstelle) aufgrund eines vorher geschlossenen (Rahmen-) Vertrags unmittelbar mit dem Arbeitgeber abrechnen (hier erfolgt keine nachträgliche Kostenerstattung).
2. Limitierte Produktpalette (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b ZAG):
Gutscheine oder Geldkarten gehören ebenfalls zu den Sachbezügen, wenn sie unabhängig von einer Betragsangabe dazu berechtigen, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette zu beziehen. Auf die Anzahl der Akzeptanzstellen und den Bezug im Inland kommt es dabei nicht an.
Hiernach begünstigt sind Gutscheine und Geldkarten, die beispielsweise begrenzt sein können
- auf Kraftstoffe, Ladestrom usw. (“Alles, was das Auto bewegt”) oder
- auf Fitnessleistungen (z.B. für den Besuch von Trainingsstätten und zum Bezug der dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen).
- auf Streamingdienste für Film und Musik,
- auf Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, auch als Hörbücher oder Downloads.
3. Instrumente zu steuerlichen und sozialen Zwecken (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. c ZAG):
Das ist der Ausnahmefall. Gutscheine oder Geldkarten gehören auch zu den Sachbezügen, wenn sie
- unabhängig von einer Betragsangabe dazu berechtigen,
- aufgrund von Verträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen
- Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen (sogenannte Zweckkarte).
Auf die Anzahl der Akzeptanzstellen kommt es nicht an. Begünstigt hiernach sind insbesondere Verzehrkarten in Form von Essensgutscheinen, Restaurantschecks sowie digitale Essenmarken.
Ein “begünstigter” sozialer oder steuerlicher Zweck soll aber gerade nicht die Inanspruchnahme der monatlichen Sachbezugsgrenze sein, ebenso nicht die Grenze von 60 EUR für Aufmerksamkeiten anlässlich eines besonderen persönlichen Ereignisses oder die 30-Prozent-Pauschalsteuer nach § 37b EStG bei Sachzuwendungen.
Was man sonst noch zu Gutscheinen und Geldkarten wissen muss
Der Verwaltungserlass enthält darüber hinaus wichtige Hinweise zur richtigen Gutscheinverwendung ohne die Anwendung der Sachbezugsfreigrenze zu gefährden:
(Auflade-)Gebühren
Bei den vom Arbeitgeber getragenen Gebühren für die Bereitstellung (z.B. Setup-Gebühr) und Aufladung von Gutscheinen und Geldkarten handelt es sich nicht um einen zusätzlichen geldwerten Vorteil, sondern um eine notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen des Arbeitgebers und damit nicht um Arbeitslohn der Betroffenen. Die Gebühren werden also bei der Anwendung der Sachbezugsfreigrenze nicht mitgezählt.
Zuflusszeitpunkt
Der Zufluss des Sachbezugs erfolgt
- bei einem Gutschein oder einer Geldkarte, die bei einem Dritten einzulösen sind, im Zeitpunkt der Hingabe und
- bei Geldkarten frühestens im Zeitpunkt der Aufladung des Guthabens, weil der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt einen Rechtsanspruch gegenüber dem Dritten erhält;
- bei einem Gutschein oder einer Geldkarte, die beim Arbeitgeber einzulösen sind, im Zeitpunkt der Einlösung.
Zusätzlichkeit
Gutscheine und Geldkarten fallen im Übrigen seit 2020 nur noch dann unter die 44-EUR-Freigrenze, wenn sie vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG). Der steuerliche Vorteil soll damit insbesondere im Rahmen von Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen werden. Die Zusätzlichkeit ist inzwischen gesetzlich definiert worden (§ 8 Abs. 4 EStG). Insbesondere besteht keine Begünstigung, wenn der Gutschein auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet wird oder der Anspruch auf Arbeitslohn wegen der zusätzlichen Leistung herabgesetzt wird.
Ausblick: Anhebung der Sachbezugsfreigrenze
Zum Schluss noch eine freudige Nachricht: Ab dem Jahr 2022 wird die Sachbezugsfreigrenze von 44 EUR auf 50 EUR angehoben. Das ist bereits beschlossen (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2020) und soll die vom Gesetzgeber beabsichtigte Vereinfachung durch die Sachbezugsfreigrenze in einem etwas erweiterten Umfang auch weiterhin zulassen. Das ändert aber nichts an der weiteren Verschärfung der Gutscheinregeln ab 2022.
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Quelle: Haufe online – Link